Als wir noch kein Erbrecht brauchten. Erben in der Jungsteinzeit.


Neo ancien Echilleuses
Modell eines jungsteinzeitlichen Langhauses (Bildquelle: Wikimedia Commons)

Die erste jungsteinzeitliche Kultur Mitteleuropas war die Bandkeramik, auch Linearbandkeramik oder kurz Bandkeramik genannt. Vor etwa 7500 Jahren wanderten Menschen dieser Kultur, die sich aus der Starčevo-Kultur im südöstlichen Donauraum entwickelt hatte, nach Mitteleuropa ein und brachten die Landwirtschaft mit. Für die Patriarchatsforschung ist diese Epoche interessant, weil sich in der Bandkeramik der Umbruch hin zum Patriarchat vollzogen hatte. Oberflächlich ablesbar ist das am Aufkommen von Gewalt wie bei den Massakern von Asparn Schletz (Österreich), Schöneck-Kilianstädten bei Frankfurt und Talheim am Neckar. In der Kreisgrabenanlage von Herxheim in der Pfalz wurde, völlig untypisch für die ältere und älteste Bandkeramik, Kannibalismus festgestellt. Auch wurden erste befestige Siedlungen gebaut, was ein erhöhtes Schutzbedürfnis anzeigt. Schließlich beweist der Untergang der Bandkeramik, dass etwas passiert war, das es den Menschen unmöglich machte zu überleben.
Überleben ist das, was die Evolution antreibt. Alle Lebewesen leben so, dass sie unter den Bedingungen, an die sich ihre Vorfahren erfolgreich angepasst hatten, überleben können, das nennt man auch „artgerecht leben“. Basis der Evolution des größten Teils aller Lebewesen ist die sexuelle Selektion, identisch mit der female choice, also der weiblichen, freien Wahl der Sexualpartner. Die artgerechte Lebensweise von Homo sapiens ist die Matrifokalität. Matrifokalität bedeutet ein Leben in der mütterlichen Sippe, in Matrilokalität, und unter Wahrung der rein weiblichen Linie, der Matrilinearität. Dem urgeschichtlichen Menschen war die Vaterschaft, die Patrilinearität und die Patrilokalität unbekannt. Daher hatten Väter keine Macht, und Männer als Onkel, Cousins oder Brüder waren die männlichen Identitätsfiguren für männliche Kinder. Die Matrifokalität wird mit den aktuellen naturwissenschaftlichen Methoden seit einigen Jahren überall an den jungsteinzeitlichen Skelettresten nachgewiesen. Insbesondere auch für die Bandkeramik liegen seit kurzem entsprechende Ergebnisse vor. „Die Starčevo-Farmer sind die Ahnen der Bandkeramiker. Diese wiederum breiteten sich als eine Bewegung von Tanten, Onkeln und Schwestern aus“, sagte Prof. Dr. Kurt Alt, Leiter der Arbeitsgruppe Paläogenetik an der Uni Mainz dem SPIEGEL. Schon seit vielen Jahren weiß das auch die Patriarchatsforschung, allerdings hat sie sich der Fragestellung kulturwissenschaftlich genähert. Es braucht also nicht immer naturwissenschaftliche Beweise, sie können aber bestätigend wirken, und müssen es leider auch, da kulturwissenschaftliche Ergebnisse von Thesengegnern als pure Interpretation angezweifelt werden können. Eingefleischte Patriarchatsideologen haben sich in der Vergangenheit dieser Rhetorik bedient. Sie hatten die Einbindung der Bandkeramik in den großen Kontext der jungsteinzeitlichen Kulturen, in denen ausnahmslos eine Muttergöttin – aber keinerlei eindeutige Anzeichen einer männlichen Dominanz – nachgewiesen wird, geleugnet. Auch den nahtlosen Anschluss an die Urmutterverehrung, die ebenso ausnahmslos für alle Fundplätze der Altsteinzeit beobachtet wird, wurde einfach ignoriert oder geleugnet.
Über die Kleinfunde von Statuetten und weiblich gestalteten Gefäßen, sowie über die Bestattungsweise hinaus sind die Häuser der Bandkeramik ein wichtiges Indiz. Die Bauweise der Häuser, es sind bis zu 71 m lange sog. Langhäuser, entspricht den Langhäusern, wie sie noch heute von den letzten matrifokalen Kulturen gebaut werden. Das Langhaus besitzt keine Zimmer, es ist lediglich in Zonen eingeteilt, die sich aus der Lage des Hauses in Bezug auf die Himmelsrichtungen ergeben. Es besitzt eine Feuerstelle und nach der Sonne orientierte Öffnungen. Im Langhaus findet eine ganze Sippe aus bis zu 80 Personen Platz. Das besondere an diesen Häusern ist die lange Lebensdauer von über 75 Jahren. Sie wurden immer wieder repariert und bei ihrem Ende lediglich um ein paar Meter versetzt am gleichen Platz neu errichtet. In der Archäologie ist das an den Pfostenlöchern gut ablesbar. Das lässt nur einen Schluss zu: das Langhaus wurde von einer Generation an die nächste weitergegeben.

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Langhaus der Ê Đê des Zentralen Hochlandes von Vietnam im Ethnologischen Museum in Hanoi (Bildquelle: Wikimedia Commons)

Der Archäologe Hans-Christoph Strien schrieb 2010 seine Überlegungen zum Erbrecht in der Bandkeramik auf. Zum damaligen Zeitpunkt galt als bewiesen, dass die Bandkeramiker patrilinear lebten. Am Massaker von Talheim glaubte man nachgewiesen zu haben, dass die Frauen Talheims nicht nur geraubt wurden, sondern, dass sie patrilokal gelebt, also nach Talheim eingeheiratet hatten. Also wurde ein Bild gezeichnet, wonach Familien in den Langhäusern wohnten, denen ein Mann vorstand, eine bäuerliche erweiterte Kleinfamilie, wie sie noch im 19. Jh. üblich war, also Vater, Mutter, Kinder, die Großeltern der väterlichen Linie und vielleicht noch die jüngeren Geschwister des Vaters, die als Knechte und Mädge hätten arbeiten müssen. Dementsprechend wurden dem Langhaus schon vom Altvater der Bandkeramik-Forschung Jens Lüning 6 Personen zugeordnet.

Was dazu aber nicht passt, ist die Größe der Langhäuser in Kombination mit ihrer Langlebigkeit und der geringen Lebenserwartung der jungsteinzeitlichen Bevölkerung. Zudem sprechen die ethnologischen Befunde dagegen. Strien stellte also Überlegungen an, wie die Befunde dennoch an die These vom bandkeramischen Patriarchat angepasst werden können.

Was dabei heraus kam, ist hier nachzulesen. Der Artikel zeigt im Grunde auf, welche Probleme die Grundannahme – das Dogma Patriarchat – erzeugt. Ich möchte nur Weniges herausgreifen:

Strien schreibt: „Es stellt sich die Frage nach der Form der Ehe.
Grundsätzlich gibt es drei Varianten:
1. Monogamie aller Brüder/Cousins, die auf dem Hof verbleiben (…)
2. ‚Sequentielle Polygamie‘: Der Hofinhaber heiratet nach dem Tod
der ersten Frau erneut. (…)
3. Polygamie des Hoferben (…)

(Strien 2010, S. 75)

Er benennt die mathematischen Probleme, die unter 1 und 2 mit seiner These verbunden wären. Variante 3 sieht er als Integration von 1, als Vermeindung der Probleme unter 1 und 2 und als Kunstkniff zur Bekämpfung des Bruderneides:
Damit könnte einerseits das oben angeführte
Problem umgangen werden, dass die auf
dem Hof lebenden Männer nur entfernt miteinander
verwandt sind – denn alle Kinder
einer Generation wären dann zwar nicht
biologisch, wohl aber sozial Geschwister –,
andererseits die Gefahr großer familiärer
Spannungen durch Neid der jüngeren Brüder
verringert werden.

Leider nimmt er nicht wahr, wie problematisch alle drei Varianten für das menschliche Zusammenleben sind. Die Ehe dient der Sicherstellung der Vaterschaft und damit dem Patriarchat. Aber zu einem friedvollen Zusammenleben gehört nicht nur, dass die Männer oder gar die Erben zufrieden sind. Das Patriarchat, das Vaterrecht, ist die Basis für Ungleichheit, sozialen Unfrieden, für Leistungsdruck, systemische Gewalt, Krieg und Umweltzerstörung, und nicht zuletzt zu Überbevölkerung, mit der auch das Erbe immer weiter geteilt werden muss. Polygamie sorgt zudem für Unfrieden unter den Ehefrauen – was Strien egal zu sein scheint – und zu starker Konkurrenz ihrer jeweiligen Kinder. Insbesondere das Erstgeborenenerbrecht widerstrebt dem angeborenen Gerechtigkeitsgefühl und treibt alle Geschwister, die leer ausgehen, in Existenznot. Aber das Erben von Macht und Reichtum gehört zu den Eckpfeilern des Patriarchats. So kam es beispielsweise am Hof des Sultans von Konstantinopel regelmäßig zu Morden unter den Halbbrüdern, die auch von den Müttern angestiftet wurden, damit sie Mutter des nächsten Sultan wurden.

Die systemimmanente Lebensgefahr, die mit der nicht artgerechten Lebensweise des Patriarchats einhergeht, führt wiederum zu einer kollektiven psychischen Erkrankung, zu Narzissmus, zu Aggression und Depression, denn der Mensch sucht sein Leben lang vergeblich die bedingungslose Liebe und die Geborgenheit der Sippe, also das matrifokale Leben, das die Menschheit fast völlig verloren hat, aber als angeborenes Sozialverhalten innere und äußere Konflikte erzeugt.

Unter Matrifokalität geht es der Evolution entsprechend um das Überleben der Sozialstruktur, die das Überleben des einzelnen Menschen sichert. Daher geht es nicht um das Wohlergehen der Väter, sondern um das der Mütter und Kinder, und damit um das Wohlergehen ALLER. Das Langhaus ist unter den Klimabedingungen Mitteleuropas und unter Matrifokalität die konsequente Bauform. In der Sippe sind alle über die Mutter verwandt, und alle leben unter einem Dach, das natürlicherweise auch allen gehört. Das Haus geht nahtlos in den Besitz aller Personen der nächsten Generation über, wobei sich alle immer für den Erhalt des Hauses verantwortlich fühlen und mitbauen. Es gibt also kein Erbrecht und folglich keine Erbstreitigkeiten. Das ist das Erfolgsgeheimnis der Jungsteinzeit. Es wurzelt in der Altsteinzeit, wo die Menschen zwar noch keine Häuser bauten, aber in der mütterlichen Linie zusammen hielten. Die mütterliche Großmutter und der Zusammenhalt der Geschwister ermöglichte es den Frauen, ihre Kinder auch unter einfachsten Bedingungen groß zu ziehen (Vgl. Blaffer Hrdy 2010). Sie teilten alles miteinander und gaben sich auch sonst keinen Anlass für sozialen Stress.

Strien stellt in seinem Artikel eine Menge komplexer Berechnungen an, nur um am Ende sein „Modell“ – das der erweiterten Großfamilie – für die Bandkeramik zu untermauern. Er schreibt schließlich, und das ist es wohl, worauf es ihm letztlich ankommt:
Eine Erhöhung des Generationenabstandes über 25
Jahre ist wie gesehen sehr unwahrscheinlich,
ein höheres Heiratsalter der Männer deshalb
nicht anzunehmen. Einzig mit der Annahme
weiblicher Erbfolge – für die wir keinerlei Indizien
haben – ließe sich eine Verkürzung des Generationenabstandes
um 2,5 Jahre erreichen.
(Strien 2010, S. 77)

Es ist schon erstaunlich, wie man die kulturwissenschaftlichen Befunde, die ja schon lange bekannt sind und von einem großen Personenkreis getragen werden, derart ausblenden kann. Auf die Idee, dass an der Grundannahme, nämlich dem bandkeramischen Patriarchat, etwas nicht stimmen könnte, kommt der Autor nicht. Schade, dass Sarah Blaffers „Mütter und andere“ nicht etwas früher auf den Markt gekommen ist.

Ich habe in meinem Buch „Archäologie und Macht“ 2012 gezeigt, dass die Grundannahme der Patrilokalität in der Bandkeramik unhaltbar ist. Nicht nur dass die Daten nicht dazu passen, es muss auch differenziert werden, in welcher Phase der Bandkeramik und an welchem Ort wir uns befinden. Selbst am Ende dieser Kultur war das Land nicht flächendeckend patriarchalisiert. Die Massaker von Asparn Schletz, Schöneck-Kilianstädten und Talheim, deren Ziel Frauenraub war, zeigen an, dass viele Männer unterwegs waren und Frauen rauben mussten, um Patrilokalität und damit auch die Patrilinearität durchsetzen zu können. Nachdem sich das erste Patriarchat auf mitteleuropäischem Boden selbst zerstört hatte, erblühte bald die matrifokale Michelberger Kultur und die ihr beigeordnete Pfahlbaukultur.

Die Archäologie muss nun einen harten Brocken verdauen. Als auch die Befunde von Prof. Dr. Alt eingegangen waren, ist es still geworden um das vermeintliche Patriarchat von Talheim und der Bandkeramik allgemein. Auch wenn sie Schnee von gestern sind, Striens Überlegungen zu einem vermeintlichen Erbrecht der Bandkeramik sind weiterhin online zu finden und sind Teil der Herrschenden Lehre, die zum Umdenken nicht fähig ist, weil sie einfach nicht will und ihr Erbe gefährden würde.

Literatur:

  • Eric Biermann: Überlegungen zur Bevölkerungsgröße in Siedlungen der Bandkeramik. Köln/Düren 2001
    online
  • Sarah Blaffer Hrdy: Mütter und Andere: Wie die Evolution uns zu sozialen Wesen gemacht hat. Berlin 2010
  • Hans-Christoph Strien: Demographische und erbrechtliche Überlegungen zur
    bandkeramischen Familienstruktur. In: Erich Claßen, Thomas Doppler und Britta Ramminger (Hrsg.) Familie – Verwandtschaft – Sozialstrukturen: Sozialarchäologische Forschungen zu neolithischen Befunden. Kerpen-Loogh 2010
    online: https://www.academia.edu/2172650/Demographische_und_erbrechtliche_%C3%9Cberlegungen_zur_bandkeramischen_Familienstruktur
  • Gabriele Uhlman: Archäologie und Macht. Zur Instrumentalisierung der Ur- und Frühgeschichte. Norderstedt 2012

 

Ein Gedanke zu “Als wir noch kein Erbrecht brauchten. Erben in der Jungsteinzeit.

  1. Den Kommentar dieses Trolls, der sich „Alina Lörres“ nennt, möchte ich meinen Leserinnen und Lesern nicht vorenthalten, bereitet es mir doch besonderes Vergnügen, das zu kommentieren.
    Screenshot des Troll-Kommentars (zum Vergrößern bitte anklicken, aus google-Gründen als Grafik)
    Der Kommentar erreichte mich doch sofort nach Veröffentlichung dieses Beitrages, also genauso reflexhaft, wie auch die Patriarchatsforschung in der Vergangenheit immer wieder bekämpft wurde und wird. „Alina Lörres“ ist nicht der richtige Name dieser Person. „Lörres“ ist ein sexuell aggressives, rheinisches Wort für „Penis“, es impliziert die Absicht einer Vergewaltigung. Ich kann den Schreiberling also wegen indirekter Androhung einer Straftat anzeigen, die neuen Gesetze machen es möglich. Es gibt in Deutschland auch niemanden mit diesem Namen (es gibt ja trotzdem die verrücktesten Namen), wie man hier leicht herausfinden kann. „Alina“ ist ein arabischer Frauenname, der „Erhabene“ und „Mächtige“ bedeutet, es ist die weibliche Form von Allah. Auch die Emailadresse, die diese Person angegeben hat und deren Namensteil „turch.taran“ lautet, passt dazu. Ein „turch“ ist „eine Person, die sich zuviel über unwichtige Dinge beschwert und 70er Jahre-Filme liebt„. „Taran“ ist als „Taranis“ ein keltischer Wettergott. Über den zerstörerischen Charakter und den Aufstieg der Wettergötter als muttermordende, gebär- und stillneidische Ausgeburten des patriarchalen Geistes habe ich bereits ein ganzes Buch „Der Gott im 9. Monat“ geschrieben. „Taran“ ist auch der Titelheld eines Disney-Zeichentrickfilms. Er ist „ein Schweinehirte, der von einer Karriere als großer Kämpfer träumt. Doch er muss die Tagträume schon bald zur Seite legen, da sein weissagendes Schwein Hen Wen von einem bösen Herrscher, dem Gehörnten König, entführt wird. Der Bösewicht hofft, dass Hen Wen ihm den Weg zum schwarzen Kessel zeigen kann, der die Macht besitzt, eine gigantische Armee unbesiegbarer Untoter zu erschaffen. Mit der Hilfe der sturen Prinzessin Eilonwy, eines aufbrausenden Barden und einer drangsalierenden Kreatur namens Gurgi versucht Taran, die Welt von Prydain vor dem Gehörnten König zu retten. Bei seinen Treffen mit Hexen, Elfen, magischen Schwertern und dem schwarzen Kessel selbst, lernt Taran, was es wirklich heißt, ein Held zu sein, und dass einige Dinge wichtiger sind als Ruhm und Glanz.“ (Quelle: wikipedia)

    Damit haben wir alles zusammen, um ein Persönlichkeitsprofil dieses Trolls namens Alina Lörres zu erstellen. Es handelt sich der Wahrscheinkontrolle nach nicht um eine Frau, sondern um einen Mann, der einen maskulistischen Hintergrund hat. Maskulisten organisieren sich im Internet, um alles zu bekämpfen, was dem Patriarchat entgegenläuft. Sie wollen nicht nur den Erhalt des Patriarchats, sondern auch seine Verschärfung. Entsprechend durchsuchen sie das Internet gezielt nach Frauen, die das Patriarchat erschüttern. Dazu gehören natürlich besonders die Vertreterinnen der Patriarchatsforschung, arbeiten sie doch interdisziplinär und unabhängig. Die Maskulisten tummeln sich in den Foren und sozialen Netzwerken des Internet und beleidigen, versuchen einzuschüchtern und drohen Gewalt an, feige unter falschem Namen mit immer neuen Profilen. Sie sind Antihelden, die sich nur in der Gruppe oder in der Anonymität stark fühlen. Sie trommeln sich zusammen, wenn sie ein vermeintliches Opfer gefunden haben, das sie mundtot machen wollen. Sie ähneln stark dem Persönlichkeitsprofil von Islamisten. Bei ihnen handelt es sich sehr häufig um Ingenieure und Informatiker, wie der SPIEGEL es in der Ausgabe 22/2016 (S. 134) „Die terroristische Persönlichkeit“ berichtet hatte. Sie zählen nach einer britischen Studie zu einer „sozial frustrierten Möchtegern-Elite“. Unser Sportsfreund ist seinem selbst verpassten Namen nach eine narzisstische Persönlichkeit, machtorientiert, böse und manipulativ. Sein Hobby sind wahrscheinlich pseudomythologische Fantasyfilme, wie „Herr der Ringe“ oder „Conan der Barbar“. Er liebt das patriarchale Schema, wonach das (vermeintlich) Gute gegen das (vermeintlich) Böse kämpft.

    Nun inhaltlich.

    Unser Sportsfreund schickte mir also diesen Mix aus
    1. Halbwissen [die Irokesen kennt er nicht, und er erkennt auch nicht, dass jüngere Langhäuser strikte Einteilungen haben. Er weiß auch nichts über die moderne Anthropologie (Sarah Blaffer Hrdy oder meinetwegen Frans de Waal)],
    2. Polemik, Vorurteilen, Totschlagargumenten [„Gewalt gab es schon immer“: das ohne Differenzierung des Begriffes von Gewalt, „alles nur Interpretation“: jaja, wir bilden uns auch nur selbst ein, der Mensch ist nicht aus Fleisch und Blut, sondern eine Interpretation, genauso wie es laut Gender Studies ja keine zwei Geschlechter, sondern so viele wie es Menschen gibt] und
    3. Beleidigungen.
    Seine pseudowissenschaftliche Auflistung an „Argumenten“ ist typisch für Blender und Mansplainer und in ihrer Vollständigkeit liefert sie mir eine Steilvorlage. Er weigert sich, anzuerkennen, dass die naturwissenschaftlichen Befunde die kulturwissenschaftlichen bestätigen, ganz so, wie ich es im Artikel angedeutet habe. Er gehört damit zu denen, deren Lebensmotto ist, dass nicht sein kann, was nicht sein darf.

    Sein Kommentar bringt keine stichhaltigen Gegenargumente (es gibt auch keine, die Archäologie selbst beginnt ja mit dem Umdenken), sondern Interpretationen (wie bei dem Geschlecht der Statuetten), also wiederum genau das, was er mir vorwirft, und Allgemeinplätze, die in ihrer Art auf jede Wissenschaft angewendet werden können. Ich empfehle ihm, auch was Talheim angeht, mein Buch „Archäologie und Macht“. Darin steht all das fundiert begründet, was ich hier im Blog nur mit einem Satz sagen kann.

    Was ihn auszeichnet ist, dass er nicht zuende denkt. So passiert es ihm, dass er mein Sultans-Beispiel als Denkfehler ansieht. Dabei erliegt er seinem Vorurteil, nämlich dass Feministinnen alles gut finden, was Frauen machen, und seinem Fehlurteil, dass die Frauen selbst Schuld am Patriarchat seien, weil sie die ach so friedfertigen Männer anstacheln. Ich kann ihm nur raten, sich doch einmal im stillen Kämmerchen vielleicht zur „guten Nacht“ mit Patriarchatsforschung zu beschäftigen, dann wird er vielleicht feststellen, dass er auf dem Holzweg ist und sich mit dem Kampf für das Patriarchat selbst noch tiefer in den Sumpf zieht. Die Ursache für sein Unglück ist und bleibt das Patriarchat, das die artgerechte Lebensweise und wahre Lebensfreude weitgehend zerstört hat. Naturwissenschaftlicher Schlüssel zum Verständnis ist die female choice.

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