Zum Artikel „Das Weltbild der Hethiter“ von Susanne Görke im „Spektrum der Wissenschaft“, Heft August 2015

(Leserbrief)

Als äußerst irritierend empfinde ich den Artikel der Autorin Susanne Görke, die entscheidende Hinweise unterschlägt, womit das Weltbild der Hethiter verzerrt, ja beinahe begrüßenswert fortschrittlich und tolerant dargestellt wird, ein Umstand, den die Autorin doch sicherlich nicht beabsichtigt hatte, bemerkt sie doch, dass die Hethiter Eroberer waren. Das bedeutet konkret: Krieg und Unterdrückung der Hattier, der nicht indoeuropäischen und nicht semitischen Urbevölkerung Anatoliens. Schmerzlich fehlt ihre Erwähnung. Bereits vor hethitischer Zeit wurde ihre Kultur von den Assyrern überformt, und diese waren es, die den Wettergott zuerst nach Anatolien mitbrachten. Die ersten hattischen, frühpatriarchalen Königreiche integrierten ihn, jedoch war er der hattischen Sonnengöttin nachgestellt. Sie hieß sicherlich einst namenlos, „Sonne“, mit den Assyrern erhielt sie jedoch den an die mesopotamische Ishtar erinnernden Namen Ishtanu. Als „Sonne“ war sie ursprünglich alleinregierende Große Göttin wie Inanna in Sumer und integrierte das Oben und das Unten in ihrer einen Gestalt. Als „Sonnengöttin von Arinna“ (Arinna bedeutet „Brunnen“) war sie wie unsere Holda/Frau Holle ursprünglich Wettermacherin und wurde auf Bergen verehrt. Noch ihre hethitische Ausformung Eshtan war nach HAAS (1994, 133) in frühhethitischer Zeit „Sonnengöttin des Himmels“ und als Nachtsonne Unterweltsgöttin. Die indoeuropäischen Hethiter brachten jedoch eine typische Steppenreligion mit, zu der kein Wettergott gehörte, sondern eine Triade aus Sonnengott, Kriegsgott und Muttergöttin. Eigenartig, dass die Autorin dies nicht berücksichtigt, stattdessen den Wettergott als hethitischen Import darstellt. Wie KLINGER (1996, 141 ff.) bereits festgestellt hat, ist der hethitische Sonnengott stets blass geblieben. Die Unterscheidung einer Sonnengöttin als Unterweltsgötttin und eines Sonnengottes des Himmels, wie es HAAS/KOCH (2011, 223) später postulieren, ist nicht haltbar, weil ein starker, männlicher Sonnengott dem Wettergott Konkurrenz gemacht hätte. Denn dieser Wettergott wurde von der Priesterschaft immer weiter aufgebläht, seine Alleinherrschaft wurde angestrebt, wie in allen patriarchalen Religionen. Entsprechend war der Sonnengott des Himmels, wie SCHWEMER (2006, 252) es nachweisen konnte, niemand anderes als der vergöttlichte Herrscher, ein lebendiger Mensch.

Zudem irritiert mich, dass die Autorin eine assyrische Quelle als Belege für ihre These anführt, in der sie Inanna und Ishtar als ebenso arbeitsteilige Göttinnen darstellt. Die sumerische Inanna war zu assyrischer Zeit ein Anachronismus und wurde schon bei den Akkadern von Ishtar abgelöst, wenngleich ihr Name mit der Gelehrten- und Priestersprache Sumerisch tradiert wurde. Längst war Ereshkigal die Göttin der Unterwelt. Inannas Gang in die Unterwelt, wo sie Ereshkigal aufsuchte, war nichts anderes als der Versuch, die Spaltung in Oben und Unten rückgängig zu machen, eine antipatriarchale Revolte. Weiterlesen „Zum Artikel „Das Weltbild der Hethiter“ von Susanne Görke im „Spektrum der Wissenschaft“, Heft August 2015″

Der Turm – ein Phallussymbol?


Neue Erkenntnisse zum Turm von Jericho

Als älteste Stadt der Welt ist Jericho (Tell es-Sultan) berühmt. Jericho liegt im Westjordanland ca. 12 km nordwestlich des Toten Meeres und des Jordan und in ca. 70 km Entfernung zum Mittelmeer am Fuße des Berges Jebel Quruntul, der seit jeher als heiliger Berg gilt. Eine Quelle innerhalb der östlichen Längsseite der Mauer versorgte Jericho mit Frischwasser. Die frühesten Funde (ca. 9.000 v.u.Z.) stammen aus dem Mesolithikum. Drei große Steinblöcke, von denen zwei durchbohrt sind, könnten ein Schrein gewesen sein, dessen Symbolik mit dem Mond in Zusammenhang stehen könnte. Kontakte zur Natufien-Kultur der mittelmeerischen Carmel-Höhlen werden aufgrund von Funden vermutet, zu denen eine Harpune aus Knochenmaterial gehört. Aus der frühesten neolithischen Phase, welche jedoch noch keine Keramik aufweist (PPNA, ca. 8.500-7.300 v.u.Z.), wurden hüttenartige Strukturen gefunden, die immer wieder aufeinander aufbauten. Klar als Häuser identifizierbare Strukturen waren jüngere Rundbauten, die in den Boden eingetieft waren und daher nur Wände geringer Höhe benötigten. Die dafür hergestellten Lehmziegel waren quer gerieft und erinnern daher an Brot. Die Häuser, sog. Bienenkorbhäuser, die über eine Treppe betreten wurden, waren mit einem kuppelartigen Dach aus Geäst überdeckt. Die Fläche dieser Bauten nahm wesentlich mehr Platz ein als die Vorgänger-Hütten. Eine erste Zunahme der Bevölkerung ist daran ablesbar. Die Menschen ernährten sich erstmals von Ackerfrüchten, der Fischerei und der Jagd auf Gazellen und Füchse. Domestizierte Tiere konnten für diese Schicht nicht nachgewiesen werden.

Eine Wallmauer von ca. 2-3,5m Höhe umgab das Areal. An der inneren Westseite der Mauer war ein über 9m hoher Turm errichtet, der massiv ausgebildet war und nur eine schmale Treppe zu einem Austritt aufnahm. Diese Siedlungsphase währte zudem etwa 1000 Jahre, eine enorme Zeitspanne, die auch die neolithische Stadt Çatal Höyük (ab 7.400 v.u.Z.) in Anatolien friedlich überdauerte. Danach erst war Jericho wie auch Çatal Höyük für einige Zeit verlassen.

Tower of Jericho
Der Turm von Jericho

Dieser Turm wurde bisher meist als Wehrturm angesehen, die Mauer als Wehrmauer. Verbunden ist damit die Vorstellung, Jericho hätte sich bereits in vorkeramischer Zeit gegen Kriegsfeinde verteidigen müssen und eine hierarchische Struktur mit einer adeligen Kriegerkaste hätte die Gesellschaft Jerichos bestimmt. Dafür fehlen jedoch jegliche weitere Indizien, wie Massengräber oder zumindest massenhaft gewaltsam zu Tode Gekommene und Waffenfunde in Gräbern oder anderswo.
Die israelischen Archäologen Roy Liran und Ran Barkai wollten sich damit nicht zufrieden geben. Sie fragten sich, warum der Turm ausgerechnet an der Westseite der Mauer errichtet wurde und vermuteten einen kosmisch-geografischen Zusammenhang. Weiterlesen „Der Turm – ein Phallussymbol?“

Göttinfund in Athen: Rätselhafte Schlangen?


Auf der Agora von Athen, dort in der Verfüllung der Straße, wurde 1932 eine Tontafel mit der Darstellung einer Göttin nebst Schlangen gefunden, welche zunächst irreführend „Schlangengöttin“ genannt wurde. Nun glaubt man zu wissen, dass es sich um Demeter, die gern als Göttin der Ernte bezeichnet wird, handelt.
Zum Artikel http://bit.ly/11pB8nB

Offensichtlich stellt es ein Problem dar, zu erklären, warum die Schlange, die von Patriarchen für ein Symbol des Todes gehalten wird, mit dieser offensichtlich dem Leben zugewandten Göttin verbunden ist. Weiterlesen „Göttinfund in Athen: Rätselhafte Schlangen?“