Antwort auf „Auseinandersetzung mit dem vorausgegangenen Artikel ‚Verteidigung der Matriarchatsforschung‘ von Heide Göttner-Abendroth“ von Evelyn Schlagmann

Die nachfolgende Antwort bezieht sich auf: „Auseinandersetzung mit dem vorausgegangenen Artikel ‚Verteidigung der Matriarchatsforschung‘ von Heide Göttner-Abendroth“ von Evelyn Schlagmann in „Mutterlandbriefe 19“ vom 9.4.2020

Liebe Evelyn Schlagmann,

Sie haben sich intensiv mit unserem, Stephanie Gogolins und meinem Artikel „Gibt oder gab es matriarchale Gesellschaften? Eine notwendige Stellungnahme von Stephanie Gogolin und Gabriele Uhlmann“ auseinandergesetzt, nachdem Sie Heide Göttner-Abendroths Antwort darauf gelesen hatten. Dafür danken wir Ihnen! Nun haben Sie öffentlich in den Mutterlandbriefen 19 einige Verständnisfragen gestellt, auf die ich gerne reagieren möchte.

Zunächst: Der folgende Brief und die Form seiner Veröffentlichung ist in Absprache und Austausch mit Stephanie Gogolin entstanden. Eine direkte Stellungnahme zu Heide Göttner-Abendroths Antwort haben wir nicht verfasst, denn wir fühlen uns davon in allen Punkten bestätigt und wollen nicht alles wiederholen. Die in der Antwort vorgetragenen haltlosen Vorwürfe und Widersprüchlichkeiten sprechen für sich. HGA – in Anlehnung an Ihr Verfahren nutze ich dieses Kürzel für Heide Göttner-Abendroth – ist es dabei gelungen, in über 6 Seiten unser wesentliches Anliegen nicht nur zu diffamieren sondern auch argumentativ zu übergehen. Kurz: Es geht uns um den Unterschied zwischen einer Gesellschaft [als Ausdruck für organisiertes bzw. (an)geordnetes Zusammenleben] und unserem angeborenen Sozialverhalten, das evolutionär tief im Genom verankert ist.

Ich lese aus Ihrem Brief drei Fragen an uns heraus, auf die ich dann im Folgenden so kurz wie möglich eingehe:

1. Warum haben wir einen bestimmten Satz, der auf HGAs Webseite nachzulesen ist, weggelassen, nämlich „Der neu definierte Begriff ‚Matriarchat‘ ist von politischer Bedeutung, denn er bezeichnet Gesellschaften mit mütterlichen Werten. Diese zeigen, dass das gesellschaftliche Leben bedürfnisorientiert statt machtorientiert, gewaltfrei, egalitär und bewusst friedfertig organisiert werden kann„.

2. Warum beschränken wir uns auf die Definition von Gesellschaft, die Schleiermacher/Bott liefern, obwohl es bei Wikipedia so viele andere Gesellschaftsbegriffe gibt?

3. Sie werfen uns vor, HGA zu diskreditieren und unfreundlich zu sein, wo sie doch so „freundliche“ und „behutsame“ Formulierungen fände. Sie möchten wissen, warum wir (Zitat): „nicht einfach [schreiben] (statt HGA anzugreifen), dass [wir] den Begriff ‚Matriarchat’ für schwierig halten, weil er so gerne falsch verstanden wird, bzw. der Mainstream darunter irrtümlicherweise ‚Herrschaft der Mütter‘ oder ‚Frauenherrschaft’ verstehe; und dann den Vorschlag machen, ob wir nicht lieber vom ‚Matrifokal‘ sprechen wollen, um diesen Missverständnissen vorzubeugen? “ Dazu machen Sie weitere Vorschläge, wie wir stattdessen hätten schreiben sollen.

Zu 1.

Natürlich haben wir den Satz gelesen und es ist ja allgemein bekannt, was HGA unter Matriarchat verstanden haben will. Sie haben Recht, wir hätten ihren Originalton noch hinzufügen können. Dagegen sprach ein redaktioneller Grund (siehe zu 2.). Ersatzweise sollte einerseits unser einleitender Abschnitt begreiflich machen, worum es geht; er hat aber anscheinend seine Wirkung verfehlt. Andererseits geht es im gesamten Text immer wieder um die Frage, was egalitär etc. eigentlich ist, meist auch in Bezug auf HGAs These. Da wir ihre Homepage in den Anmerkungen verlinkt haben, ist es den LeserInnen überlassen, sich weiterführend zu informieren und auch darüber nachzudenken, wie wichtig die Erwähnung des Satzes nun wirklich gewesen wäre.

Zu 2.

Wir beziehen uns mit unserem Verständnis von Gesellschaft wie gesagt auf den Ursprung aus den Handwerkerzünften. Dort gesellen sich (gleiche) Gesellen zusammen, weil sie von Meistern zu Gesellen gemacht wurden, also einer Hierarchie angehören, aber nach oben eigene Interessen vertreten und auf die Lehrlinge herabschauen dürfen. Gesellschaft IST nicht, sie wird GEMACHT, ist also kein natürliches Geschehen und sie ist hierarchisch.
Sie, liebe Evelyn Schlagmann, zitieren die Begriffsabgrenzungen, die Wikipedia anbietet, um eine Auswahl treffen zu können. Das sind Links zu Übertragungen und Projektionen des Gesellschaftsbegriffes auf verschiedene Bereiche. Diese beziehen sich alle auf soziale Gruppen, die samt und sonders hierarchisch sein müssen, weil sie mittels (von oben) vorgegebener Kriterien verbunden sind. Die Gesellschaft gegenüber dem liberalen Staat z.B. trägt ihren Namen nur, weil der Staat existiert, wenn er auch liberal ist, und sie dazu gemacht hat, was sie ist. Selbst bei den Pflanzen hat die biologische Wissenschaft eine Hierarchie niederer und höherer Pflanzen konstruiert – ob das der Evolution gerecht wird oder nicht – die aber von einander abhängen, also eine natürliche Pflanzengemeinschaft bilden, was Wikipedia „Pflanzengesellschaft“ nennen muss. Letztlich kann ja Wikipedia nur wiedergeben, was bereits schief gelaufen ist mit diesem Begriff.

So wie es HGA darum geht, das Wort Matriarchat sprachlich auf seinen Ursprung zurückzuführen, geht es auch uns darum, ebendies zu tun und dies notwendigerweise auch für den Gesellschaftsbegriff. Wir definieren eine hierarchische Gemeinschaft als Gesellschaft, weil eine solche Abgrenzung nicht nur Sinn macht, sondern nottut. Um kurz auf Frage/Antwort 1 zurückzukommen, ist das auch der redaktionelle Grund, warum wir HGAs Definition an dieser Stelle verkürzt dargestellt haben.
Der Begriff „Gesellschaft“ ist von Grund auf patriarchal kontaminiert. Da gibt es nichts zurückzuholen, da hilft keine Begriffskosmetik sondern nur radikaler Austausch. Wir lassen jedoch Gimbutas’ Zivilisationsbegriff gelten, weil er einen natürlich gewachsenen Bedeutungswandel durchgemacht hat. Ein künstlicher, quasi von oben diktierter Bedeutungswandel, wie HGA ihn beim Matriarchatsbegriff versucht, ist selten von Erfolg gekrönt, wie es auch der Volksmund immer wieder beweist. Durch die Verbindung des Wortes „Matriarchat“ mit dem Wort „Gesellschaft“, dessen politische Bedeutung in seinem Ursprung an Hierarchie geknüpft ist, wird der Bedeutungswandel sogar noch erschwert. Und es geht, wie es in der Definition ja deutlich zu lesen ist, auch Heide Göttner-Abendroth um die politische Bedeutung. Unseres Erachtens tut sie der Sache damit auch keinen Gefallen.

Zu 3.

Sie schrieben: „G/U bezeichnen allerdings das, was wir unter Matriarchat verstehen, als ein Matrifokal.“ – In dieser Aussage liegt der Kern des Problems. Sie beide haben uns leider nicht verstanden und schuld ist der verwirrende Matriarchatsbegriff. Wir haben einen sehr langen Text verfasst, den ich auch hier nicht wiederholen will, ich kann es nur auf einen Nenner bringen: Das „Matrifokal“ ist kein Matriarchat (auch nicht nach HGA), und das Matriarchat (auch nicht nach HGA) ist kein „Matrifokal“, weil das Matriarchat (auch nach HGA) eine kulturelle und politische Komponente hat, die in der Definition eines evo-biologischen Sachverhalts nichts zu suchen hat.
Wir kleben daher auch nicht „dem Matriarchat“ ein „Etikett“ auf. Hinter unserem Text stehen Jahrzehnte lange Forschung und Überlegungen, die mit „dem Matriarchat nach HGA“ nichts zu tun haben. Und trotzdem, leider müssen wir gegen die Vereinnahmung kämpfen, daher die notwendige Stellungnahme von uns.
Vereinnahmung deshalb, weil wir ein eigenes Theoriegebäude vertreten, das mit dem „Matriarchat nach Heide Göttner-Abendroth“ weder etwas zu tun hat, noch vereinbar ist, weil Letzteres auf zwei Theorien – gemeint sind ihre Göttin-Heros-Theorie und ihre Ethnologie „moderner Matriarchate“ – aufbaut, die sich gegenseitig stützen müssen, weil sie nicht nur falsch sind, sondern auch die evolutionäre Sexuelle Selektion (female choice) unberücksichtigt lassen. Daher verwahren wir uns auch entschieden gegen Vorschriften, wie wir unsere Theorie zu formulieren haben und welche Begriffe wir benutzen dürfen. Wir bauen auf völlig anderem Gebiet, nämlich auf anthropologischen Grundannahmen (nach Sarah Blaffer Hrdy, Frans de Waal, Eckart Volant u.a.), also auf der Frage, wie wir Menschen wirklich sind. Stephanie Gogolin startete einst mit der Frage: „Was machte die Mensch, ausgehend von ihrem bereits matrifokalen Sozialverhalten weiterführend zur intelligenten Spezies mit einer spezifischen kulturellen Genese?“, in die sie immer tiefer eindringt. Dabei entdeckte sie auch das patriarchale Stockholm-Syndrom, dessen Mechanismen sie in Familie und Gesellschaft nachspürt. Ich begann mit Archäologie – insbesondere der Interpretation der Funde von Çatal Höyük – und Mythologie und wandte mich dann über den Umweg gender-medizinischer Fragen der Anthropologie zu. Interdisziplinär nähern wir uns nun – mit archäologischen, bioarchäologischen (Genetik, Epigenetik), geographischen und sprachwissenschaftlichen Messdaten und Studien abgesichert – an die Kulturwissenschaften an, die letztlich nur eine Bestätigung liefern, was wir mit Faszination feststellen. Wir kommen zu dem Ergebnis, dass eine Patriarchalisierung stattgefunden hat, die sich unter bestimmten Voraussetzungen vollzog und bestimmte Prozesse in Gang setzte. Dabei gilt als zentraler Dreh- und Angelpunkt die Frage, bzw. ab wann Menschen patrilinear/patrilokal lebten, also der Vaterschaft einen Wert beimaßen und daher die female choice aushebelten.
Die Lehre der Philosophin Heide Göttner-Abendroth verschleiert, ja leugnet den Prozess der Patriarchalisierung, denn diese hat nachweislich in eben jener Zeit stattgefunden, die sie als „Matriarchat“ bezeichnet. Sie erfindet eine Gesellschaft, der sie selbst das Etikett „Matriarchat“ aufklebt. Alle Symptome, die die Kulturwissenschaft für das Erkennen der Patriarchalisierung zu Tage befördert, deutet sie im Sinne ihres Matriarchatsbegriffes um, dabei beweisen die Symptome nur, dass es vor dem Patriarchat etwas anderes Höheres gegeben haben muss. Auch berücksichtigt sie in keinster Weise die bereits damals in den zeitgenössischen Texten beklagte Überbevölkerung. Uns ist klar, dass sie die Folge der Aushebelung der female choice gewesen ist, und zur Bildung der frühen Gesellschaften führte, die die Menschenmassen organisierten und kontrollierten.
HGA pickt sich aus den historischen Fakten das heraus, was zu ihrer Philosophie bzw. Thealogie – und mehr ist es nun einmal wirklich nicht – passt. Und was nicht passt, wird passend gemacht, wie z.B. die Heilige Hochzeit. Sie schreibt in ihrer Antwort: „Das Ritual der Heiligen Hochzeit stammt aus der neolithischen Frühzeit Sumers und vieler anderer Kulturen, was man kulturvergleichend herausfinden kann.
Kulturvergleiche sind anfällig für Zirkelschlüsse. Es gibt für die neolithische Frühzeit keinerlei schriftliche oder bildliche Beweise für eine Heilige Hochzeit, sie kann es aber einfach behaupten. Unter Berufung auf den Stierkult wird sie diese Kritik von sich weisen. Jedoch ist der Stierkult auf vielfältige Weise interpretierbar, wie ich es an verschiedenen Stellen, besonders in meinem Openbook zu Çatal Höyük und in meinem Buch „Der Gott im 9. Monat“ schon ausgeführt habe. Bott hat das Neolithikum in vier Modi unterteilt, nach denen der Stierkult ab Modus 3, Phase 1 mit der Bovidenhaltung beginnt und zwar als qualitative Entfernung von der aseitätischen Urmutter, mit der wir es seit der Altsteinzeit zu tun hatten. Mit der Formulierung „Stierkult mit dem Kennzeichen der späteren Heiligen Hochzeit“ (G. Bott: „Die Erfindung der Götter“ 2009, S. 134) umgeht er elegant das Problem, dass nicht einmal eine Handvoll Bildwerke existieren, die von der Herrschenden Lehre als Geschlechtsakt gedeutet werden, manchmal sogar auch als Heilige Hochzeit, und die auch Bott selbst zumindest für sakral hält. Stiere kommen auf diesen Abbildungen auch in der weitesten Auslegung nicht vor.

Jedoch geht unsere Theorie viel weiter, als Bott es tun konnte, denn es wurden zwischenzeitlich nicht nur wichtige Bücher und Studien veröffentlicht, sondern wir haben basierend auf der Gesamtschau eine neue Theorie der Patriarchalisierung entwickelt, bei der Bott (wir unterschreiben beileibe nicht alles, was er geschrieben hat) einen Baustein von vielen darstellt, eine in der Wissenschaft übrigens übliche, ja die einzig mögliche Vorgehensweise. So würde ich die Stapelung von Bukranien in Çatal Höyük, wenn es Stierhörner sind, was bisher nicht eindeutig festgestellt wurde, als Symbole für die vielen namenlosen Liebhaber, die die Große Mutter der nun sesshaften Bevölkerung haben konnte – weit mehr als es den Wildbeuterinnen möglich war -, und wenn es Kuhhörner sind, als nährende Helferinnen der Großen Mutter, deren Bukranien im Hause aufbewahrt wurden, so wie die Toten unter den Schlafplattformen.
Anders als Bott, der die sog. Heilige Hochzeit als Priesterinnen-Arbeit bewertete, bewerte ich sie als Vergewaltigung, weil die female choice keinen zu einem vorgeschriebenen Zeitpunkt und ohne sexuelle Anziehungskraft stattfindenden Geschlechtsverkehr kennt. Die postulierte Entwicklung der Heiligen Hochzeit aus einem harmlosen aber notwendigen Frühlingsfest, bei dem ein Heros der Göttin dienen müsse, damit die Pflanzen wachsen, ist bereits patriarchales Gedankengut. Inzwischen wurde sogar genetisch nachgewiesen, dass schon im Neolithikum spätestens im 5. Jtd. ein reger Austausch Mesopotamiens mit den Viehzüchternomaden der Steppe nördlich des Kaukasus bestand, was unter anderem zur Entstehung der kriegerischen Maikop-„Kultur“ in der Frühbronzezeit führte.
Ich glaube also nicht, dass der Stierkult, wenn er überhaupt einer war, in Çatal Höyük bereits mit einer Heiligen Hochzeit begangen wurde. Stattdessen sehe ich sie als ein von frühbronzezeitlichen Viehzüchternomaden neu installiertes Instrument an, das der „Entmachtung“ der Großen Mutter diente (patriarchaler Machtbegriff siehe mein Buch „Der Gott im 9. Monat“ 2015), und die Erfindung der Großen Göttin und des Vegetationsgottes, der mit der belebten Natur gleichgesetzt wurde, markiert. Über die Heilige Hochzeit, die von Beginn an das zentrale Patriarchalisierungsritual ist, wurde die Vaterschaft geheiligt, und da stimme ich wiederum Bott zu.

Liebe Evelyn Schlagmann, als besonders unfreundlich empfanden wir Heide Göttner-Abendroths Totschlagargumente: 1. die Häme darüber, dass wir den Hinweis auf die sumerische Königsliste mit Wikipedia verlinkt haben, und 2. den Begriff „Theorie-Vater“ in Bezug auf Gerhard Bott. Als Lehrbuch zur Patriarchalisierung eignen sich weder Wikipedia (auch wenn sie die Königsliste unvergleichlich einfach aber korrekt wiedergibt) noch HGA. Als Patriarchatsforscherinnen verwahren wir uns ausdrücklich gegen die Unterstellung einer Tochterschaft oder auch eines Jüngertums, zumal wir nachweislich schon lange vor Bott begonnen hatten, uns mit dem Patriarchat und zwangsläufig auch mit der Matriarchatstheorie zu beschäftigen und sie zu kritisieren begannen. Uns scheint, es handelt sich bei dem Vorwurf um eine Projektion.

Die Einsetzung und Verteidigung des Matriarchatsbegriffs hat einen dogmatischen Charakter und verlässt den wissenschaftlichen Boden im gleichen Moment wie er betreten werden wollte. Die Folge sind Empfindlichkeiten und Redeverbote, wie wir sie aus Glaubensgemeinschaften kennen, und die von den Vertreterinnen der Modernen Matriarchatsforschung tatsächlich auch ausgesprochen werden. Dazu gehört auch die Maßgabe, wie und was zu formulieren sei. Eine entsprechende Außenwirkung dieser „Wissenschaft“ lässt dann auch nicht lange auf sich warten. Gewisse Kommentare sind durchaus nachvollziehbar ja notwendig in dem Wissen, was Ideologie anrichten kann.

Wir gehen davon aus, dass eine Diskussion mit HGA von vorne herein zum Scheitern verurteilt ist. Unser Angebot, in eine Diskussion über die Begrifflichkeit einzusteigen, richtet sich an alle anderen, die sich trauen, das Dogma zu hinterfragen. Es fehlen uns, wie wir es dargestellt haben, vom Patriarchat nicht kontaminierte Vokabeln. Sie, liebe Evelyn Schlagmann, fordern doch selbst eine klare Definition! Ich kann nur appellieren, den fundamentalen Unterschied zwischen Matrifokalität und Matriarchat zu untersuchen, und zu versuchen zu verstehen, worum es dabei jeweils geht.

Es geht uns darum, dass unserem angeborenen Sozialverhalten, das wir mit dem Begriff Matrifokalität erklären, nicht mehr das verwirrende Etikett Matriarchat aufgeklebt wird, jetzt wo es endlich entdeckt ist, nachdem so lange geleugnet wurde, dass wir über ein solches verfügen. Denn es ist ja allgemein bekannt, dass den Köpfen der Menschen umgeht, dass wir Kulturwesen seien, die schon immer auch patriarchal gelebt hätten, also beliebig hin-und her gewechselt hätten.
Wir können nun aber unser buchstäblich einzigartiges natürliches Sozialverhalten vom Kultur- und Gesellschaftsbegriff klar abgrenzen, und genau das ist es, was HGA leider nicht tut und offensichtlich aus Gründen auch nicht tun will. Stattdessen rückt sie uns mit einem weiteren, weder „freundlichen“ noch „behutsamen“ Totschlagargument in eine biologistische Ecke, nichts anderes meint ihre Anspielung: „Dann wird auf die Tierwelt und das „Muttertier“ verwiesen und den frühen Menschen eine „bio-soziale Alltagsethik“ unterstellt. Die Soziobiologie lässt grüßen!“ [Quelle]
Patriarchaler lässt sich kaum argumentieren, denn hiermit leugnet auch sie, dass wir, wo wir doch auch Tiere sind, ein angeborenes Sozialverhalten haben, das sich von dem, was von uns im Patriarchat erwartet wird, unterscheidet.

Sozialverhalten ist keine irgendwie etikettierte Ethik, sondern die aktive synapsenartige Schnittstelle zwischen von einander abhängigen Individuen einer Spezies, die durch ihre Körperlichkeit von einander abgegrenzt sind.

Heide Göttner-Abendroths selbst auferlegtes unbiologisches Denken, ihr verkopftes Theoriegebäude, mündet folgerichtig in einer geradezu mittelalterlich anmutenden Thealogie, in Geistigkeit – nicht anders als das Patriarchat, welches „den Körper“ – zu dem auch das angeborene Sozialverhalten untrennbar dazugehört – unter den Geist stellt.
Wie das Patriarchat uns für „angeboren gewalttätig“ erklärt, weshalb Religion uns zügeln müsse, meint HGA, dass Friedfertigkeit „bewusst“ gelebt werden müsse. Wie wir wissen, ist das Bewusstsein und auch die Wahrnehmung jeder/s Einzelnen manipulierbar, weshalb wir anfällig für Ideologie sind. Die Gleichschaltung des Bewusstseins aller Mitglieder einer Gruppe ist nur mit einem hierarchischen Überbau denkbar. Hier kommt HGAs Königin zum Einsatz. Im gleichen Moment haben wir es bereits mit einer Form von Herrschaft zu tun. Echte Egalität ist jedoch keine Frage des Bewusstseins, sondern des Seins, unseres Seins. Wir Menschen sind von Natur aus friedfertig, wie es der Ethologe und Primatologe Frans de Waal („Der Mensch, der Bonobo und die Zehn Gebote“) so wunderbar herausgearbeitet hat.

All die Beteuerungen, das „Matriarchat“ sei „gewaltfrei, egalitär und bewusst friedfertig“, schaffen ein Vexierbild, das als klare Abgrenzung von patriarchalen Gesellschaften ungeeignet ist. Es ist an der Zeit, unserer Vergangenheit mit moderneren Methoden auf die Spur zu kommen.

Unsere Biologie ist nicht biologistisch, sondern unser naturgemäßes Sein. Genauso wie die Tatsache, dass die Erde eine Kugel ist, was auch nicht als geologistisch bezeichnet wird. Aber beide Sachverhalte sind für das Patriarchat von größter Brisanz. Die Sprengkraft besteht darin, dass dies – ohne per se politisch zu sein – eine vorhandene der Realität ist, der Ideologen nur ein Dogma entgegensetzen können, wozu die Theo- und Thealogie gehören.
Vielleicht haben Sie, liebe Evelyn Schlagmann, auch schon meinen Artikel zu Corona gelesen, in dem ich erklärt habe, warum das Patriarchat wiederum nicht ohne die Dienstbarkeit unseres matrifokalen Seins überleben kann: Ohne unsere Matrifokalität wäre dem Patriarchat keine eigene Religion und keine Ausbeutung möglich. Wir alle sind daher dazu aufgerufen, zu hinterfragen, warum wir handeln, wie wir handeln, und darum entdecken wir auch, dass wir manchmal auf patriarchales Verfahren zurückgreifen müssen, um uns zu schützen, also das System mit den eigenen Waffen schlagen, wie es übrigens m.E. die Minangkabau tun.

„Matriarchale Gesellschaften nach HGA“ (für die uns ein guter Begriff noch fehlt) haben patriarchale Strukturen übernommen (König- und Priestertum, Gesetze, Gebote und sorgfältig einzuhaltende Rituale), leben matrilokal/matrilinear und bauen auf eine Substrat-Kultur, die aus der vorpatriarchalen Zeit stammt, und nutzen deren Symbolsprache. Die Gesellschaften, innerhalb derer die Irokesen, Minangkabau, Mosuo u.a. ihre Matrilokalität und Matrilinearität reservatartig leben können, und deren Grundgesetze dennoch zu befolgen sind, sind muslimisch, buddhistisch, christlich, maoistisch, kapitalistisch, kurz patriarchal. Bei Wikipedia können Sie, liebe Evelyn Schlagmann, verlässlich nachlesen, wie sehr diese Kulturen schon dem Patriarchat ausgesetzt sind. Dass sie überlebt haben, liegt an ihrem Inselcharakter und an der Tatsache, dass sie für das drumherum herrschende Patriarchat keine unmittelbare Gefahr darstell(t)en.
Heide Göttner-Abendroth versucht mit dem Foto einer Tafel, auf denen die Minangkabau sich selber „Matriarchaat“ nennen, zu beweisen, dass sie Matriarchate sind. Auch das hat keinerlei Beweiskraft, weil es die Holländer waren – HGA formuliert es so -, die ihnen diesen Begriff brachten. Es war auch ein Holländer, nämlich George Alexander Wilken, der diesen Begriff erstmals niederschrieb, wie wir es in unserer Stellungnahme ausdrücklich mitgeteilt hatten. Den Mosuo-Frauen hat, nach den mir vorliegenden Informationen, Heide Göttner-Abendroth höchstpersönlich diesen Begriff gebracht; wenn dem nicht so ist, lasse ich mich gerne belehren. Die Mosuofrau und Ethnologin Yang Erche Namu schreibt dagegen, dass es sich bei ihrer Kultur nicht um ein Matriarchat handelt, von mir zitiert in einem weiteren Artikel, den ich direkt nach unserer Stellungnahme geschrieben habe. Auch sie beschäftigt sich mit dem Begriff selbst und fordert zu weiteren Überlegungen auf. Wir nennen sie noch „matrifokale Gemeinschaft“, bis uns ein besserer Begriff gelingt, denn im Gegensatz zu den Minangkabau sind sie weit weniger stark vom Patriarchat infiltriert.

Sobald eine matrifokale Gemeinschaft patriarchalem Druck ausgesetzt ist, muss sie reagieren und beginnt unfreiwillig, die Matrifokalität zu verwässern durch Regeln, die die angeborene female choice in Schranken verweisen. D.h. eine Frau kann ihre Sexualität nicht mehr frei ausleben, weil sie Gefahr läuft, an einen patriarchalen Mann zu geraten, der sie zwingt, ihre Lebensweise zu ändern.
Eine solche Gemeinschaft muss – um sich zu behaupten – um respektiert zu werden – die o.g. patriarchalen Strukturen aufnehmen, mit der Besonderheit, dass Männer darin nichts Wesentliches bestimmen dürfen. Die Presse macht daraus, dass dann Frauen herrschen, wie wir überall nachlesen können, ausdrücklich ein Matriarchat. Wie ich oben dargestellt habe, geht es tatsächlich fortan nicht mehr ohne gewaltarme Gesetze (sie gehören zu den Gewalten), auf Dominanz. So weit, dies als Herrschaft zu bezeichnen und den Begriff Matriarchat zuzulassen, möchten wir jedoch nicht gehen. Wir haben es ja lediglich mit einer Überlebensstrategie zu tun, bei der nicht Männer beherrscht werden, sondern eine von außen drückende Ideologie ferngehalten wird, und bei der sich Männer gar nicht unterdrückt fühlen, weil sie ihr angeborenes Sozialverhalten frei leben können, ganz im Gegensatz zum Patriarchat, das auch den Männern massiv schadet. Aber diese Lebensweise sollte dennoch nicht mit der Sozialkultur verwechselt werden, wie sie in vorpatriarchalen, matrifokalen Gemeinschaften wirkte.
Wir haben es bereits mit patriarchalen Strukturen zu tun und es fehlt leider nicht mehr viel, bis die ersten Frauen aus diesen bislang matrifokalen Gemeinschaften ausbrechen und ganz überlaufen, weil das Original „cooler“ ist. Tatsächlich hat die Erosion dieser Kulturen hat bereits begonnen, weil die patriarchalen Anteile toxisch wirken. Die Minangkabau sind längst zum Islam übergetreten. Sie sind eine Gesellschaft, aber nicht matriarchal.

Liebe Evelyn Schlagmann, es gab/gibt keine matriarchalen Gesellschaften, weil es 1. nie Gesellschaften mit gewaltsamer Frauenherrschaft gegeben hat und 2. weil alle kontaktierten Kulturen längst patriarchale Vorzeichen hatten und haben und von der Gnade der sie umgebenden Patriarchate abhängen. Wir müssen die verschiedenen Grade bzw. Modi unterscheiden lernen und passend benennen. Ein viel zu sperriger Oberbegriff wäre „Gemeinschaften und Gesellschaften mit matrifokalen Zügen“.
Von Egalität kann bei ihnen nicht mehr die Rede sein, weil es ein geschriebenes Recht geben muss und auch gibt, das Frauen festlegen. Es lässt folgerichtig nicht die im modernen Patriarchat angestrebte vollständige Gleichstellung der Männer im Sinne von Vater = Mutter zu. Dieser Kunstgriff verschärft ja sogar, wie wir es bei der Behandlung alleinerziehender Mütter in der europäischen Gesetzgebung sehen, das bestehende Patriarchat. Sobald die Vaterschaft zu einem Wert wird, mit dem einem Mann, der dann meist mit dem genetischen Vater identisch ist (Patrilinearität), Bestimmungsrechte am Kind verliehen werden, kippt die Sache in Richtung Patrilokalität und damit Patriarchat. Daher müssen in einer vom Patriarchat umgebenen matrifokalen Gemeinschaft Gesetze geschaffen werden, die die Vaterschaft deckeln, um die bestehende Ordnung zu schützen. Daher übersetzen Menschen „Matriarchat“ mit Frauenherrschaft und deshalb taugt der Begriff nicht, wenn wir unser matrifokales Wesen meinen, das gar keine Gesetze braucht, weil es ein gelebtes Kontinuum ist.

Um eine sprachliche Abgrenzung und Bezeichnung für Kulturen wie den oben genannten vornehmen zu können, die uns ja so schmerzlich fehlt, bedarf es einer neuen Sprache im Konsens. Eine von oben aufoktroyierte Umdeutung ist der Sache nicht dienlich. Im englischen Sprachraum wird von z.B. „matrilinearen Kulturen“ gesprochen, was m.E. zu kurz greift. Das Matrifokal beschreibt den Schutz- und Versorgungsraum für Mütter und Kinder, eine Fürsorgegemeinschaft, die mit „Sippe“ am Besten beschrieben ist. Aber wie sollen wir viele benachbarte Sippen nennen, die matrifokal leben, und besonders schwierig, wie eine solche Kultur, die im patriarchalen Umfeld überlebt? Diese Herausforderung gilt es anzunehmen und wir würden uns freuen, wenn wir tatkräftige Unterstützung bekämen.

Viele Grüße
Gabriele Uhlmann

5 Gedanken zu “Antwort auf „Auseinandersetzung mit dem vorausgegangenen Artikel ‚Verteidigung der Matriarchatsforschung‘ von Heide Göttner-Abendroth“ von Evelyn Schlagmann

  1. Dieser Schlagabtausch zwischen den Matriarchatsverfechterinnen und den sich auf dem logischen und richtigen Weg befindenden Matrifokaldenkerinnen ist typisch für patriarchales Konkurrenz- und Positionsgerangel. Es ist wichtig, sich als patriarchaler Mensch, also auch als patriarchale Frau, als sozialisiert in der hierarchischen, mangelbehafteten ungesunden und dysfunktinonalen Gesellschaft Patriarchat zu verstehen. Dazu gehören auch problematische und ausgesprochen wenig hilfreiche bis toxische Verhaltensweisen. Alle Menschen im Patriarchat weisen diese auf, Matriarchats- und Patriarchatsforscherinnen eingeschlossen. Um diese an sich selbst zu entdecken, bedarf es jahrelanger Übung in Selbstreflexion, aber diese Arbeit und Zeit muss investiert werden, um die eigenen problematischen Verhaltensweisen aufzudecken, und erst dann ist man auch in der Lage, sie an anderen zu erkennen. Sie ist aber unabdingbar nötig, um das toxische patriarchale Verhalten, dass wir alle mehr oder weniger zeigen, zu erkennen und abzulegen.

    Auch wenn ich mich noch nicht so lange und intensiv mit der Geschichte und der Entstehung des Patriarchats beschäftigt habe wie die beiden Autorinnen, so habe ich doch längst den Unterschied zwischen einer hierarchischen Gesellschaft, wie das Patriarchat eben eine ist, und unserer natürlichen angeborenen Soziologie Matrifokalität verstanden. In Gesellschaft sind wir einsam, in Gemeinschaft nie. In einer Gesellschaf sind sich alle fremd, in einer Gemeinschaft kennen sich alle. Die heutigen menschlichen Gruppen im Patriarchat sind immer von irgend einer äußeren Notwendigkeit geformt. Die Menschen darin haben vielleicht gemeinsame Motive und Interessen, aber sie sind sich grundsätzlich fremd. Die Menschen im Patriarchat kennen sich nicht, und daher gehen sie auch oft so unmenschlich miteinander um. Interessen mögen manche zusammen führen, verstehen sie sich aber nicht als Mitglied einer patriarchal funktionierenden Gesellschaft, kann es zu Konflikten kommen, die ohne Selbstreflexion nicht gelöst werden können. Unverständnis, Abwehr, Missverständnisse, Projektionen und Fehlinterpretationen führen zu Entzweiungen.

    Da ich mich seit Jahren, immer wieder begleitet von psychotherapeutischer Behandlung, mit meinen eigenen Annahmen, angelernten Verhaltensweisen, Irrtümern, Überzeugungen etc. beschäftige, wurde mir auch eines Tages klar, dass diese ohne das Patriarchat gar nicht existieren würden. Das Patriarchat ist also auch hier die Ursache für alles Leid. Daher wäre es bitter nötig, die Psychologie würde sich mit der Entstehung und den Auswirkungen des Patriarchats beschäftigen. Das aber tut sie nicht, die Fakten werden konsequent ignoriert. Umgekehrt jedoch braucht die Patriarchartsforschung dringend psychologisches Know-How. Die derzeitigen Patriarchatsforscherinnen aber lassen dieses Wissen vermissen. Dabei ist es dringend notwendig, um dem ewigen Schlagabtausch ein Ende zu setzen und wirklich konstruktive Möglichkeiten zu finden, das Patriarchat abzuschaffen. Wenn ich aber an bestimmte Frauen aus diesen Kreisen denke, die sogar ein ausgesprochen narzisstisches Verhalten an den Tag legen, sehe ich da keinerlei Hoffnung. Wenn eine Heide Göttner-Abendroth als „führende Matriarchatsforscherin“ bezeichnet wird, wo doch nur wieder patriarchales Hierarchiedenken reproduziert wird, sehe ich wirklich nicht die geringste Chance, unser natürliches Sozialverhalten Matrifokalität wieder zu entdecken.

    Dazu muss auch folgender Irrtum erkannt werden: Das Patriarchat lässt sich nicht mit den eigenen Waffen schlagen! Patriarchale Waffen einzusetzen bedeutet, sich weiterhin im patriarchalen Kontext zu bewegen. Die eigenen patriarchalen Verhaltensweisen dazu benutzen, andere zu diffamieren, zu korrigieren, zurecht zu weisen etc. führt unweigerlich in eine Verhärtung der Fronten. Es kommt Kriegstreiberei gleich. Es wird keine Lösung angestrebt, sondern ein Gewinnen, ein sich Erheben über die Verlierer des Kampfes. Das Wissen um die Entstehung und Auswirkung des Patriarchats jedoch lässt sich nicht mit Zwang durchsetzen, sondern nur durch ein tiefgreifendes Verstehen, wie es funktioniert und was es erhält. Das Patriarchat existiert in den Köpfen. Genau dort muss es auch angegangen werden. In jedem einzelnen Kopf. Das kann nur jeder Mann und jede Frau für sich allein tun, und dazu ist Einsicht nötig. Ohne die Einsicht, die harte Arbeit der Selbstreflexion täglich zu tun und zu üben, haben wir keine Chance, das Patriarchat nachhaltig zu beenden.

    1. Liebe Suedelbien, ich gebe Dir natürlich Recht, wir werden das Patriarchat nicht mit dessen eigenen Waffen abschaffen. Aber da hast Du mich missverstanden. Ich sagte ja wörtlich: ….in dem ich erklärt habe, warum das Patriarchat wiederum nicht ohne die Dienstbarkeit unseres matrifokalen Seins überleben kann: Ohne unsere Matrifokalität wäre dem Patriarchat keine eigene Religion und keine Ausbeutung möglich. Wir alle sind daher dazu aufgerufen, zu hinterfragen, warum wir handeln, wie wir handeln, und darum entdecken wir auch, dass wir manchmal auf patriarchales Verfahren zurückgreifen müssen, um uns zu schützen, also das System mit den eigenen Waffen schlagen…..

      Ich bin natürlich grundsätzlich gegen Gewalt. Das Patriarchat werden wir nur mit Aufklärung abschaffen und das wird noch viele Jahrhunderte dauern, wenn wir diese Zeit überhaupt noch haben.
      Doch es gibt Situationen, wo es hilfreich ist, dem Patriarchat den Spiegel vorzuhalten. Ich möchte ein Beispiel nennen: Ich lese grade das wunderbare Buch „Herr Sonneborn geht nach Brüssel“. Darin erzählt er, wie er es als EinMannFraktion geschafft hat, dass die räuberische EU-Parteienfinanzierungsregelung abgeschafft wurde: In dem er sie auf die Spitze getrieben hat. Er hat Geld zum Nennwert und sogar unter Wert verkauft und damit jede Menge Geld eingenommen. Diese Satireaktion (Links siehe unten) ist so etwas, was ich meine.
      Vielleicht sind die Rituale und Gesetze der Minangkabau auch eine riesige Satireaktion, bei der irgendwann vergessen wurde, worum es geht? Beim Karneval war es auch so. Spaß beiseite. Die Minangkabau konnten so möglicherweise ihren Untergang hinauszögern. Immerhin haben sie so lange überlebt, dass wir das Experiment heute wissenschaftlich auswerten können.
      Das Beispiel Karneval zeigt, dass das Patriarchat es schafft, alle Kritiker einzufangen, wenn diese aufhören zu reflektieren. Daher finde ich Deine Beiträge zur Selbstreflexion auch so wichtig.

      https://www.spiegel.de/politik/deutschland/die-partei-muss-kein-geld-an-den-bundestag-zurueckzahlen-a-1169153.html

  2. Nina

    Danke dir, für die ausführliche Stellungnahme. Wir unterliegen gewissen Verteidigungsstrategien im Verstand, wenn Zweifel unserer Glaubenssätze durch das Außen entstehen. Inwieweit wir damit sachlich umgehen können und dem Zweifel Raum geben, hat mit der Notwendigkeit zu tun das vorhandene Weltbild zu verteidigen. Das wiederum ist eine sehr persönliche Komponente, die sich durch inhaltliche Auseinandersetzung nicht lösen lässt, da der Inhalt als bedrohlich empfunden wird. Ich beschäftige mich derzeit mit der Frage, inwieweit es dienlich ist, von einer „unnatürlichen“ Lebensform zu sprechen, wenn wir von einem Zustand ausgehen. Meines Erachtens sind wir Menschen Naturgesetzen unterworfen, die wir als Teil ihrer nur aus unserem menschlichen limitierten Bewusstsein begreifen können. Bei der Diskussion in der Patriarchatsaufklärung geht es primär um die Frage der Schuldigkeit, was auch unserem patriarchalen Bewusstsein und der daraus entstandenen Sprache geschuldet ist. Wir sprechen nicht von Gesetzesmässigkeiten, sondern von „besseren“ und „schlechteren“ Zuständen. Allein die Behauptung wir würden die Natur zerstören impliziert den Glauben, dass wir über ihr stehen. Das an sich wäre ein Paradox. Derzeit ist es für mich hilfreich viel mehr zu verstehen, warum die Aushebelung der femalechoice als natürlicher Prozess stattgefunden hat und das wird meines Erachtens mit gesamtnatürlichen Prozessen zusammenhängen, derer wir Teil sind. Ich sehe es auch so, dass das Männliche Xy sich aus dem weiblichen herausbildet, so wie wir uns aus der Natur heraus entwickeln. Ich kann nach meinen Beobachtungen von Säugetieren aber auch reinen Männerndörfern nicht sagen, dass das Männliche ohne das Weibliche sich überhaupt entwickeln kann. Andersherum wird es wohl auch der Fall sein, nur würde eine rein weibliche Gesellschaft wohl länger zum Untergang brauchen. Nichtsdestotrotz glaube ich nicht das eine reine weibliche Gattung gegenüber anderen Gattungen langfristig überlebensfähig wäre. Ich kann – so sehr ich versuche es mir zu beweisen – keine Argumente dafür finden, dass die Nachkommenschaft und insbesondere Söhne nicht mit allen Mitteln versuchen der Mutter dienlich zu sein. Es ist für mich daher auch nicht logisch erschliessbar, dass es eine Abkoppelung des männlichen Bewusstseins nach der Geburt zur Mutter gab und sie „selbstständig“ die Spiegel ihrer töteten. Bei dem Überhang des Männlichen, wie ich es nenne, handelt es sich für mich um einen natürlichen Prozess der Gattung Mensch, welcher wiederum mit einer Bedrohung einhergegangen sein muss der Mutter. Ich erlebte in der Arbeit mit Männern aller Kulturen, dass die Söhne am brutalsten waren, deren Mütter existenzielle psychische und physiologische Not empfanden. In einigen Jahren werde ich diese Korrelation problemlos belegen können. Ich glaube nicht, dass das Naturgesetz, dass das männliche dem weiblichen Gefallen will, nicht aktiv ist. Ich glaube eher, dass wir Frauen noch in einem Bewusstsein verharren, welches wir nicht vollständig wahrnehmen. Das Patriarchat war ein natürlicher Folgeprozess und die Frage ist, welche Bedrohung empfunden worden ist, dass es tausende von Jahre weiterlief und ständig reaktiviert wird, sobald wir uns natürlichen Umständen nähern – was nichts anderes als eine Traumareaktivierung ist.

    1. Liebe Nina, danke für Deine Gedanken…
      an einer Stelle blieb ich hängen. Du schreibst:“Derzeit ist es für mich hilfreich viel mehr zu verstehen, warum die Aushebelung der femalechoice als natürlicher Prozess stattgefunden hat und das wird meines Erachtens mit gesamtnatürlichen Prozessen zusammenhängen, derer wir Teil sind.“
      Lese ich da richtig heraus, dass Du die Patriarchalisierung als einen natürlichen Prozess ansiehst, quasi als Teil der Evolution?
      Ich habe darüber ja einen erklärenden Artikel geschrieben und auch in meinem Vortrag Nr. 4 erkläre ich, wie die Viehzucht Männer dazu brachte, auch Frauen zur Menschenzucht heranzuziehen.

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